Auf ein Wort mit Ann-Cathrin Rieg

Ann-Cathrin Rieg aus Schwäbisch Gmünd/Baden-Württemberg konnte dieses Jahr schon drei Siege in Dressurprüfungen der Klasse S mit dem von ihr ausgebildeten Steendieks Derrick verbuchen.

Die 22-Jährige bildet junge Ponys aus und bringt sie erfolgreich in den Sport. Zwei Kader-Ponys, die dieses Jahr bei den Europameisterschaften in Strzegom/POL starten werden, befinden sich ebenfalls darunter. Wir haben nachgefragt.


Equitaris: Wie würdest du deinen Werdegang beschreiben?
Ann-Cathrin Rieg: Ich komme eigentlich aus einer Nichtreiter-Familie. Allerdings hatte meine Großtante Herta Luise Weiling einen Reiterhof und ist schon etliche Distanzritte geritten, bis nach Rom und Stockholm. Meine Mama sagt, ich sei wie sie - ein richtig pferdeverrücktes Kind.

Als ich vier oder fünf war, hab ich auf einem Gnadenhof bei uns im Ort (Lindach, bei Schwäbisch Gmünd) ein Pflegepony, das aus dem Zirkus gerettet wurde, ein- bis zweimal die Woche gepflegt, ein wenig geritten, geputzt und Zöpfchen geflochten. Ihr Name war Lise und sie war schon 27.

Irgendwann durfte ich zum Voltigieren, da war ich knapp sechs. Später habe ich in einer Reitschule Reiterferien gemacht. Das hat mir unheimlich viel Spaß gemacht, doch es war ja immer nur in den Ferien, Nach einiger Zeit wollte ich mehr, also habe ich meinen Papa so lange genervt, bis er mit meiner Mutter beschlossen hat, mir ein Pony zu kaufen. Da war ich acht Jahre alt. Mein erstes Pony „Seppel" hat mich durch Führzügelklassen und Reiterwettbewerbe getragen. Seppel hatte leider nicht mehr Möglichkeiten, weswegen wir auf der Suche nach einem Nachwuchspony waren, das wir dann in ,,Chirone WE", damals vierjährig, gefunden haben. Leider hat sie sich nach drei Monaten beim Ablongieren das Kronbein gesplittert, und war somit nicht mehr reitbar. Sie hat uns nach ein paar Jahren noch Nachwuchs geschenkt.

Kurz nach dem Unfall von Chirone war das Glück im Unglück mein Pony Lawn Hill, liebevoll „Louis" genannt. Louis hat mich vom Dressurreiterwettbewerb bis zur Deutschen Meisterschaft und dem Preis der Besten getragen. So nahm dann alles seinen Lauf. Mit vielen Ponys durfte ich wundervolle Erfahrungen machen und dazu lernen.

Habt ihr eine eigene Reitanlage?
Wir haben die Anlage ,,Fuchsfarm“ von einem Freund gepachtet. Mein Vater ist Zimmermann und hat dort einiges renoviert. Es ist ein richtiges kleines Paradies dort mit elf Boxen inklusive Paddock, einer 20 mal 40 Meter Reithalle sowie einem Außenplatz und vielem mehr, was das Ponyherz begehrt. Dort sind wir seit März 2021. 

Wie viele Ponys stehen zur Zeit bei dir im Stall?
Ponys im Stall habe ich momentan sechs, dazu zwei Pferde. Das sind alles unsere eigenen. Die restlichen Boxen werden von Einstellern belegt.

Hast du Berittponys im Stall?
Berittponys nehme ich momentan aus Zeitgründen nicht an. Ich mache das ja noch nicht hauptberuflich.

Was reizt dich an der Ausbildung junger Ponys?
In erster Linie sind sie körperlich für mich natürlich etwas leichter zu reiten als ein Großpferd. Ich bin zwar nicht klein, aber nicht wirklich stark. Was ja auch der Sinn des Dressurreitens ist, nicht mit Kraft, sondern mit Technik zu reiten. Jedenfalls liebe ich einfach die Art der Ponys. Ponys sind dickköpfig und frech, aber voller Ehrgeiz und das ist für mich die perfekte Kombination. Ich liebe Ponys mit viel ,,Go“ und dem Schalk im Nacken.
Wenn ein Pony etwas Neues lernt oder es irgendwo „klick" gemacht hat, das Gefühl, das kann dir keine goldene Schleife geben. Das ist pures Glück und ein wahres Erfolgserlebnis. Junge Ponys, oder Pferde, sind wie Überraschungseier - heute so, morgen so. Man nimmt bei ihnen alles viel gelassener. Auch auf Turnieren weiß man nie, wie es wird. Und das macht das Reiten um einiges lockerer und nicht so verbissen.

Wer trainiert dich?
Ich trainiere die Ponys seit 2015 so gut wie allein. Damals hatten wir uns aus Gründen des weiten Fahrtweges von unserem Trainer weitläufig getrennt, da die Ponys näher bei uns sein sollten. Und ab da ging es auch so richtig los. Ich habe durch verschiedene Bekanntschaften viele Leute kennen gelernt, auch gute Freunde, die ich jederzeit um Rat fragen kann, wenn ich Hilfe benötige. Manchmal reicht eine WhatsApp, ein Video oder wir telefonieren kurz, und ich bin einen Schritt weiter. Aber zu 99,99 Prozent mache ich alles allein. Ich denke, der Erfolg spricht für sich.

Gibst du selbst auch Unterricht?
Ich habe eine Handvoll Schülerinnen, die ein- bis zweimal pro Woche zu mir zum Training kommen, darunter Ponykids aber auch Hobbyreiter. Es bereitet mir viel Freude, die Ponykinder von der Pike auf zu begleiten. Ich war ja selbst auch mal eins.

Was sind deine größten Erfolge?
Es waren so viele tolle Erfolge, bei denen unglaubliche Emotionen dabei waren!
Die größten waren mit Sicherheit das Bundesnachwuchschampionat Ponys 2012 mit Lawn Hill sowie 2014 mit Bendix (Pferde), das Bundeschampionat 2016 und 2017 mit Daily Pleasure WE, wo es überall Gold gab. Dann das Bundeschampionat 2018 mit Chilly Morning WE, wo wir Silber gewinnen konnten, und natürlich die bisher drei S-Siege mit Steendieks Derrick, den ich selbst ausgebildet habe.

Dieses Jahr wurden zwei Ponys zur Europameisterschaft nominiert, die ich auf Ihrem Ausbildungsweg begleitet habe. Daily und Chilly. Das ist schon sehr besonders. Daily war von Ende vierjährig bis siebenjährig bei mir. Ich habe ihn praktisch in die FEI-Tour begleitet. Jetzt mischt er dort schon mehrere Jahre mit, das bestätigt meinen Glauben, den ich immer an ihn hatte.

Bei Derrick ist es ähnlich. Ihn habe ich fünfjährig übernommen. Er war siegreich in Dressurpferdeprüfungen der Klasse A. Jetzt ist er dreifacher S-Dressur-Sieger. Und das, ohne dass ein Trainer ihn dreimal die Woche reitet. Das habe ich alles ganz allein geschafft. Darauf bin ich wirklich stolz.

Welches sportliche Ziel hast du?
Ein sportliches Ziel habe ich nicht, da man mit Tieren nie planen kann. Ich lasse alles auf mich zukommen. Mein Motto ist: ,,Alles kann, nichts muss“.

Hast du ein Vorbild?
Ein Vorbild direkt habe ich nicht. Außer vielleicht meinen Papa, vom Menschlichen her. Ich mag Reiter, bei denen es Spaß macht, zuzuschauen. Die Harmonie ausstrahlen und im Einklang mit ihrem Pferd sind. Und Reiter, die Pferde/Ponys von der Pike auf in den Sport bringen, und nicht nur die Lorbeeren ernten.

Was wünscht du dir für das restliche Jahr?
Gesundheit, denn ohne die geht es nicht! Der Rest kommt von selbst durch Fleiß, Mut und dem gewissen Quäntchen Glück.