Als Mara Meyer 2012 die Paralympics in London/GBR verfolgte, hatte sie der Ehrgeiz gepackt. Bis dahin war die heute 23-jährige Englisch und Medienwissenschafts-Studentin mit Vorliebe für den Journalismus im Regelsport unterwegs, doch das war nicht das Wahre: "Die Richter waren immer sehr verständnisvoll, aber für die vorderen Plätze hat es einfach nie gereicht - das war frustrierend!"

Mara hat eine schwere Nervenschädigung, eine Behinderung, die den ganzen Körper betrifft. Mit vier Jahren fuhren ihre Eltern mit ihr zur Hippotherapie, wo sie ihre Liebe zu den Pferden entdeckte. "Irgendwann hat mir das Führen im Schritt nicht mehr gereicht, ich wollte mehr", erinnert sich Mara an ihre ersten Reitanfänge. Nachdem sie erst eine Reitbeteiligung auf Little Dream hatte - einer kleinen Reitpony-Welsh B Dame - kaufte Familie Meyer sie für Mara und ihren jüngeren Bruder Frederik.

Die nur 1,37 Meter "große" braune Stute brachte Mara so ziemlich alles bei. Gemeinsam bestritten sie die ersten Regelprüfungen bis hin zu den Deutschen Meisterschaften der Paradressurreiter. Als Little Dream im Winter 2015/2016 zweimal an Hufrehe erkrankte, war für sie die Karriere im Dressurviereck beendet. Abgegeben wurde sie trotzdem nicht, sie darf heute als mittlerweile 21-Jährige kleinen Kindern das Reiten beibringen.

2012 kam ein weiteres Pony in die Familie Meyer, die jetzt 16-jährige Nadira von Black Boy aus einer Night-Power-Mutter, die Zuhause auf den Namen "Cookie" hört. "Sie ist das Einhorn bei uns im Stall, eine sensible Diva mit einer Vorliebe für Bananen und Mash", erzählt Mara über die Schimmelstute, die sie beim spazieren gehen wie ein Wachhund verteidigt. Beim Reiten sei sie eine echte Lebensversicherung, Longieren hingegen sei nicht so ihr Ding: "Da bockt und steigt sie auch gerne mal!"

Mit Frederik sammelte Cookie Schleifen in Dressur- (bis M*) und Springprüfungen (bis A*), mit Mara startete sie im Parasport durch. 2016 gewannen die beiden Bronze bei den Deutschen Jugendmeisterschaften, 2017 und 2018 gewannen sie jeweils die Goldmedaille. Ein Jahr später freuten sich Mara und Cookie über zwei Siege (Kerpen und Mönchengladbach), drei zweite (Nettetal Lobberich und Erftstadt Ahrem) und vier dritte Plätze (Bergisch Gladbach und Frechen) in Para FEI Aufgaben. 2020 ritten die Zwei nur ein Turnier - und das konnten sie in Erftstadt Ahrem für sich entscheiden.

In der Paradressur gibt es fünf verschiedene "Grades". In Grade I reiten die Reiter/innen mit den schwersten Behinderungen, in Grade V die mit den geringsten Einschränkungen. Mara reitet in Grade II: "Die Aufgaben kann man mit einer L-Dressur vergleichen, allerdings ohne Galopp. Wir reiten viel Schritt und ein wenig Trab, mit dabei sind Lektionen wie Schenkelweichen, Kurzkehrt und verschiedene Tempi in den Gangarten."

Die Reiterei hat Mara in ihrem Leben sehr geholfen. Mit zehn Jahren hat sie ihre allerersten Schritte gemacht - natürlich auf dem Reitplatz! Ohne ein starkes Team, das unermüdlich hinter ihr steht, geht es allerdings nicht. Dazu gehört neben ihrem Bruder Frederik auch ihre Mutter Viola. "Das Mitreiten ist - zumindest bei meinem Grade - unheimlich wichtig", erklärt Mara, "ich kann Cookie zum Beispiel nicht lösen, da ich nicht leichttraben kann." Geritten wird mit Stimmkommandos und es sei sehr wichtig, dass die Pferde und Ponys selbst mitdenken.

Zu Maras weiteren Unterstützern gehört der Co-Bundestrainer Rolf Grebe, der sie von Anfang an kennt und begleitet, und auch Anna-Christina Abbelen sowie Ann-Christin Wienkamp. Seit knapp zwei Jahren hat Familie Meyer noch einen weiteren Vierbeiner im Stall, die zehnjährige Querida Kay. Mit ihrem Stockmaß von 1,68 m ist die rheinische Quadroneur-Tochter eine große Umstellung für Mara. Daher wird sie von Frederik ausgebildet und langsam an den Parasport herangeführt.

Gemeinsam mit Cookie hat Mara auch internationale Erfolge gefeiert (bis CPEDI***), doch seit 2019 sind in Deutschland Ponys in internationalen Prüfungen nicht mehr startberechtigt. Daher liegt ihre Hoffnung auf Querida Kay, der Blick geht in Richtung Paralympische Spiele. Aber Cookie bleibt natürlich bis an ihr Lebensende Familienmitglied!