Es brodelt im Pferdestammbuch Weser-Ems

Hintergrund der Kontroversen ist die anstehende Entscheidung über eine mögliche Zusammenarbeit mit dem Ponyverband Hannover – EQUITARIS berichtete. 

Während der Verbands-Vorstand um den 1. Vorsitzenden Egon Wichmann, die Zuchtleiterin und Geschäftsführerin  Mareile Oellrich-Overesch sowie diverse Delegierte und Züchter, wie den Bezirksvorsitzenden Nordoldenburgs und Hengsthalter Timo Coldewey, klar für eine gemeinsame Zukunft votieren, haben andere erhebliche Vorbehalte. EQUITARIS hat mit dem Delegierten und Neu-Hengsthalter Lukas Fischer aus Emstek und dem Bezirksvorsitzenden des Emslandes und ebenfalls Hengsthalter Stefan Reinking gesprochen.  

EQUITARIS: Herr Fischer,  Sie stehen einer möglichen Zusammenarbeit des Pferdestammbuchs Weser-Ems mit dem Ponyverband kritisch gegenüber?  

Lukas Fischer: Grundsätzlich ist es ja nicht verkehrt, Kräfte zu bündeln. Mir fehlen aber einfach die Fakten. Zu dem Zeitpunkt, zu dem über den Zusammenschluss entschieden werden soll, hat es gerade mal eine Sitzung von Vertretern beider Verbände gegeben, in der allein aus Zeitgründen nur ganz grob über das Wie gesprochen werden konnte.  

EQUITARIS: Sie befürchten also, salopp gesprochen, über die Katze im Sack entscheiden zu müssen?  

Lukas Fischer: Im Grunde ja. Es gilt, die Interessen unserer Züchter bestmöglich zu wahren. Ob das aber mit dem Ponyverband Hannover zusammen möglich sein wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt niemand klar beantworten. Das Lockmittel der Übernahme des Zuchtleitergehalts reicht mir da nicht. Und ich hätte mir Überlegungen zu und die eingehende Prüfung von Alternativen gewünscht.  

EQUITARIS: Das ist auch Ihre Kritik, Herr Reinking?  

Stefan Reinking: Ja, ich befürchte, dass die Regionalität und damit die Betreuung der Züchter schwindet, da die Größe des Zuchtgebiets zunimmt. In Weser-Ems sind es 1.200 Züchter auf einer Fläche von gut 14.000 Quadratkilometern, in Hannover 1.400 auf immerhin etwa 32.000 Quadratkilometern. Da lässt ein Zuchtleiter viel Zeit auf der Straße.  

EQUITARIS: Sie möchten die Eigenständigkeit des Pferdestammbuchs wahren?  

Stefan Reinking: Wir haben eine starke Marke: Ponys aus Weser-Ems sind bundesweit und auch in ganz Europa ein Qualitätsbegriff. Auch finanziell stehen wir, entgegen der Darstellung durch die Geschäftsführung, nicht kurz vor der Pleite. 2016 und 2017 haben wir gute schwarze Zahlen geschrieben. Das Geschäftsergebnis für 2018 liegt zwar noch nicht vor, aber es sollte ähnlich ausfallem.  

EQUITARIS: Ist denn die in Aussicht gestellte Übernahme des Zuchtleitergehalts durch die Landwirtschaftskammer nicht eine willkommene Finanzspritze?  


Stefan Reinking: Vor etwa 20 Jahren war es die Landwirtschaftskammer Oldenburg, die die Zahlung der Gehälter für den Zuchtleiter und auch für den Geschäftsführer des Pferdesportverbandes Weser-Ems gestoppt hat. Wie lange ist uns der Geldbetrag „xy“ denn garantiert? Außerdem wissen wir aus anderen Bereichen, dass überall, wo der Staat eingreift, auf der anderen Seite ein Vakuum entsteht. Und wie kann denn die Landwirtschaftskammer den Zuchtleiter stellen und gleichzeitig die aufsichtführende Behörde sein? Um unsere Eigenständigkeit zu wahren, sind bei der Finanzierung der Zuchtleiterstelle viele Möglichkeiten denkbar, zumal diese Positionen in Kürze beim Oldenburger und beim Altoldenburger Verband neu besetzt werden. Warum nicht z.B. über eine Art Aufgabenteilung eines Zuchtleiters nachdenken. Bei den Schafzüchtern betreut auch ein Zuchtleiter vier Verbände.  

EQUITARIS: Stichwort Oldenburg …  

Stefan Reinking: Der Oldenburger Verband ist für uns ganz wichtig. So können wir z.B. die Halle im Oldenburger Auktionszentrum nach Absprache flexibel und zu moderaten Kosten nutzen und auch Arbeitsspitzen durch kurzfristigen Personalaustausch gut abfedern. Ob das auch nach einer Fusion mit dem Ponyverband Hannover so noch möglich sein wird, dazu gibt es keine definitive Aussage. Genauso wenig wie zu der Frage, ob eine Zusammenarbeit mit Oldenburg nicht auch eine Lösung wäre.            

EQUITARIS: Aber ergeben sich aus einer Zusammenarbeit mit Hannover nicht auch Vorteile für die Weser-Ems-Züchter?  

Stefan Reinking: Der Züchter fragt sich in erster Linie, ob sein Fohlenschau- und sein Körplatz sowie die Nähe zur Verbandszentrale erhalten bleiben. Schließlich ist der in Aussicht gestellte Betrieb von zwei Geschäftsstellen in Vechta und Hannover auf die Dauer kostspielig. Man muss sich mindestens einmal pro Woche treffen, sonst läuft die Zusammenarbeit nicht. Eine Fusion macht aber eigentlich nur Sinn, wenn man Kosten spart.  

EQUITARIS: Wie sehen Sie denn die Zukunft des Pferdestammbuchs?  

Stefan Reinking: Wir können alle nicht in die Glaskugel gucken und vorausahnen, was in zehn Jahren sein wird. Damit Züchter und Delegierte aber die richtige Entscheidung fällen, müssen die Vor- und Nachteile einer Fusion und aller nur denkbaren Alternativen noch viel klarer herausgearbeitet werden. Ansonsten befürchte ich bei unseren Züchtern aus dem Emsland, dass sie in großer Zahl nach Westfalen abwandern werden, zumal es auch historisch immer eher eine Nord-Süd- als eine West-Ost-Achse gegeben hat. Ganz wichtig ist, dass wir zu unserer Arbeit und zum Tagesgeschäft zurückkommen. Die derzeitigen Querelen schaden meiner Meinung nach der Ponyzucht. Und wir werden das Rad auch nicht, wie vorgegeben, bis zum Frühjahr 2020 neu erfinden können.   

EQUITARIS: Vielen Dank für das Gespräch!