Göttingen: Die Angst der Züchter vor CA

Das Schreckgespenst Cerebelläre Abiotrophie, kurz CA, geistert durch die Ponyzucht - EQUITARIS hat zusammengetragen, was Sie jetzt wissen müssen.

Hinter dem unaussprechlichen Begriff verbirgt sich eine heimtückische Erbkrankheit, die zunächst beim Arabischen Vollblut nachgewiesen werden konnte - und aufgrund derer die Araber-Verbände ihre Hengste auf CA untersuchen lassen und diese Ergebnisse auf ihren Internetseiten entsprechend veröffentlichen. Inzwischen wurden nun aber auch bei Reitponys Fälle von cerebellärer Ataxie diagnostiziert.

Krankheitsbild
Betroffen ist vor allem das die Bewegung, das Gleichgewicht, die Koordination und die Feinmotorik steuernde Kleinhirn. CA äußert sich in unterschiedlichen Schweregraden und reicht von unkontrollierten, ataktischen Bewegungen, über Kopfzittern (wie beim Verjagen von Fliegen, aber sehr shnell und von oben nach unten) bis hin zur Unfähigkeit, Raum und Entfernungen richtig einzuschätzen. Bei schwerem Krankheitsverlauf treten die Symptome bereits kurz nach der Geburt auf. Meist werden die Anzeichen von CA aber erst nach drei Monaten oder sogar erst im Jungpferdealter deutlich.

Was heißt das nun für die Ponyzucht?
EQUITARIS hat als Expertin Mareile Oellrich-Overesch gefragt, Zuchtleiterin und Geschäftsführerin des Pferdestammbuchs Weser-Ems.

Mareile Oellrich-Overesch: Von CA betroffene Ponys können zwar einen ganz normalen Eindruck erwecken, da ihr Fressverhalten, ihre Muskulatur und ihre Intelligenz zunächst nicht in Mitleidenschaft gezogen sind. Aber sie neigen durch ihre Ataxie und ihre schlechte Tiefenwahrnehmung zu Unfällen und Stürzen und stellen für sich selbst und den Reiter eine nicht unerhebliche Gefahr dar. Auch verschlimmert sich die Krankheit im Laufe der Zeit, da das Kleinhirn zunehmend in Mitleidenschaft gezogen wird.

Cerebelläre Abiotrophie (CA) ist eine Erbkrankheit?

Mareile Oellrich-Overesch: Richtig, CA wird monogen autosomal rezessiv vererbt. D.h. CA kann von augenscheinlich gesunden Elterntieren weitergegeben werden. Tragen nun aber sowohl Stute als auch Hengst die Anlage zu CA, besteht beim Fohlen ein 25-prozentiges Risiko für Cerebelläre Abiotrophie.

Und wie kann ich mich als Züchter davor schützen?

Mareile Oellrich-Overesch: Wir haben im letzten Jahr bereits, als wir davon hörten, umgehend über alle Ponyzuchtverbände seitens der AGP (Arbeitsgemeinschaft Pony) eine Untersuchung mit der Uni Göttingen zusammen initiiert. Professor Dr. Jens Tetens vom Tierärztlichen Institut der Uni Göttingen hat uns hier begleitet. Jeder Verband hat ca. 25 Proben von Ponys eingeschickt. In diesem Jahr wurde uns das Ergebnis vorgestellt. Die Krankheit ist tatsächlich in der Ponyzucht vorhanden, allerdings in ziemlich seltener Frequenz. Aber trotzdem muss reagiert werden! Wir haben beschlossen, dass alle zuchtaktiven Hengste bzw. jeder neu einzutragende Hengst ab 2019 mittels Gentest untersucht werden.

Müssen alle Hengste getestet werden?

Mareile Oellrich-Overesch: Bei Hengsten wird der Test verpflichtend und das Ergebnis wird auch bekannt gegeben. Betroffene Hengste, die CA-Anlageträger sind, werden auf der Website der FN veröffentlicht, so dass jeder Züchter selbst entscheiden kann, ob er das Risiko einer Anpaarung mit solch einem Hengst eingehen möchte.

Ist ein solcher Gentest auch bei Stuten möglich?

Mareile Oellrich-Overesch: Ja, genau wie bei den Hengsten wird dazu lediglich die den Züchtern zur Überprüfung der Abstammung bereits bekannte Haarprobe nötig. Und dieser Gentest kann auch noch mit bereits bei den Laboren vorliegenden älteren Haarproben erfolgen.

Sollten nicht alle Hengste bzw. Anlagenträger aus der Zucht ausgeschlossen werden?

Mareile Oellrich-Overesch: Wenn bekannt ist, dass ein Hengst, der vielleicht der Zucht sehr viel Gutes gebracht hat, Träger dieser Krankheit ist und wir schließen ihn aus, geht auch sehr viel Wertvolles von und mit ihm verloren. Es ist ja kein Problem, die einzusetzende Stute zu untersuchen. Ist sie frei von CA, kann sie ohne Probleme angepaart werden. Das Fohlen ist gesund, wenn auch eventuell Träger. Die Hengsthalter sind mit in der Pflicht, die Züchter darüber zu informieren, ob ihr Hengst CA-Träger ist.

Auf der Internetseite Schweizer Rat und Observation der Pferdeberanches - COFICHEV ist der Hengst Skowronek bzw. sein Großvater als CA-Träger bzw. Verursacher genannt. Reicht es denn nicht, alle seine Nachkommen zu untersuchen?

Mareile Oellrich-Overesch: Diese Frage haben wir Professor Tetens auch gestellt. Er warnt allerdings davor, sich nur auf die Nachkommen dieses Hengstes zu fokussieren, auch wenn es bei ihnen häufiger auftritt. Es kann durchaus sein, dass auch andere Hengste oder Stuten dieses mutierte Gen tragen.

Ist ein solcher Test teuer?

Mareile Oellrich-Overesch: Die Kosten des Tests belaufen sich pro Pferd wohl auf rund 40 Euro und sind damit, gemessen am Nutzen, vertretbar.