Leserbrief: Zusammenarbeit Weser-Ems und Hannover macht auch ohne „Lockmittel Zuchtleitergehalt“ Sinn

Über eine mögliche Zusammenarbeit der beiden Verbände Weser-Ems und Hannover wird weiter intensiv diskutiert.

Zu dem EQUITARIS Interview mit dem Weser-Ems-Delegierten Lukas Fischer und dem Bezirksvorsitzenden Stefan Reinking hat die Zuchtleiterin und Geschäftsführerin des Pferdestammbuchs Weser-Ems, Mareile Oellrich-Overesch, in einem Leserbrief* Stellung genommen, den wir an dieser Stelle veröffentlichen:


Zu Lukas Fischer:

Seit Jahren fordert die Delegiertenversammlung den geschäftsführenden Vorstand auf, Lösungen aufgrund sinkende Zahlen zu finden, um das Pferdestammbuch erhalten zu können. Neben Personalreduzierungen und das Einstellen von Serviceleistungen sind diverse Gespräche auch mit anderen Verbänden geführt worden. Klares Votum der Delegiertenversammlung war allerdings, dass die Züchter des Pferdestammbuchs weiterhin in einem Ponyverband betreut werden sollten, eine Zusammenarbeit mit einem Großpferdeverband wurde stets abgelehnt.

Seitdem das Angebot der Landwirtschaftskammer Niedersachsen vorliegt, auch weiterhin einen Zuchtleiter zu stellen, wurde auf der letzten Delegiertenversammlung dem geschäftsführenden Vorstand der Auftrag erteilt, mit den Vertretern des hannoverschen Verbandes Gespräche zu führen.

Wie Egon Wichmann in den Bezirksversammlungen berichtet, hat es diverse Gespräche mit den Vertretern der Landwirtschaftskammer und den Vertretern des hannoverschen Ponyverbandes gegeben. Es wurde bereits ein Arbeitskreis eingerichtet, der paritätisch besetzt ist. Dieser hat bisher einmal getagt und wesentliche Elemente zusammengetragen, die auf den Bezirksversammlungen vorgestellt werden.

Die Zahlen liegen den Delegierten vor. Seit 2002 erhalten sie die Jahresrechnung (die unabhängige Wirtschaftsprüfer erstellen), den Geschäftsbericht der Geschäftsführerin (in der Tabellen die Entwicklungen darstellen) sowie ein Protokoll der Delegiertenversammlung (in der alle Zahlen noch einmal erfasst sind).

Die Zusammenarbeit macht nicht nur mit dem „Lockmittel Zuchtleitergehalt“ Sinn.  In der Power-Point-Präsentation, die nach dem Zusammenkommen des Arbeitskreises erstellt wurde und allen interessierten Züchtern auf den Bezirksversammlungen vorgestellt wird, wird auf Synergie-Effekte beim Personaleinsatz hingewiesen, desweiteren auf Ersparnisse in der Technik, bei der Pflege der Internet-Seite, der Erstellung eines Mitteilungsorgans, bei  Tagungen und Sitzungen, bei Sockelbeiträgen in verschiedenen Institutionen – und nicht zu vergessen, es könnte dann auch weiterhin vernünftig züchterisch gearbeitet werden, wenn die Populationen solche Größen erreichen, dass auch wieder selektiert werden kann. Wir betreiben  bei einigen Rassen mittlerweile fast Erhaltungszuchten. Hierzu hat es bereits Ermahnungen seitens des Landwirtschaftsministeriums gegeben. Letztendlich sind doch Veranstaltungen mit ansprechenden Teilnehmerzahlen für Zuschauer und Besucher wesentlich interessanter. Das haben wir auf unseren Terminen in den letzten Jahren erlebt. Zuschauer kommen nur dorthin, wo sie eine entsprechend hohe Anzahl von Vertretern der Rassen sehen können.

Alternativen sind gesucht worden, wie oben dargestellt. Es sind auch, dieses macht Egon Wichmann auf den Bezirksversammlungen deutlich, Gespräche mit dem Oldenburger Verband geführt worden. Von diesem ist ein klares Statement gekommen. Als Mieter ist das Pferdestammbuch gern gesehener Gast im Oldenburger Pferde Zentrum, aber nicht als Partner (oder was auch immer). Der Oldenburger Verband hat wenig Interesse daran, 371 Stuten (kleine Rassen wie Dartmoor, Tarpan, Shetland, Deutsches Partbred-Shetlandpony, Deutsches Classic-Pony, Welsh A)  zu einem Jahresbeitrag von 15 Euro und 1.096 Stuten zu einem Jahresbeitrag von 25 Euro zu betreuen (der Jahresbeitrag für eine Stute im Oldenburger Verband liegt bei 30 Euro). Das Fohlenregistrieren kostet in Oldenburg 105 Euro/Fohlen (bei uns 70 Euro).  Der Oldenburger Verband (sowohl der Präsident, als auch der Zuchtleiter, als auch der Geschäftsführer) haben dem Pferdestammbuch dringend geraten, eine Lösung auf Pony-Ebene zu suchen und zu finden – als Mieter (der Büroräume) bzw. Gast (in der Gesamtanlage)  ist das Pferdestammbuch nach wie vor gern gesehen.  

Zu Stefan Reinking:

Oberstes Ziel ist die Betreuung der Züchter vor Ort, dieses wird in der Präsentation an verschiedenen Stellen deutlich, so auch im Gesamtvorstand, in dem neben dem geschäftsführenden Vorstand die neun Bezirksvorsitzenden vertreten sind. Hier sind ganz klar die Bezirksvorsitzenden gefordert, ihre Bezirke entsprechend zu vertreten! Streichungen von Terminen sind definitiv z.Zt. nicht geplant.

Der Vorstand steht ganz klar dazu, dass das Pferdestammbuch nicht „pleite“ ist – s. Interview mit Egon Wichmann. Der Vorstand weist aber auf weiterhin stagnierende bzw. fallende Zahlen (z.B. bei den Mitgliedern) hin.  Auch hier wäre es hilfreich, wenn sich die Delegierten die Unterlagen aus den Delegiertenversammlungen noch einmal ansehen würden – es würde ihnen dann auffallen, dass wir 2018 1.000 Stuten weniger betreuen als noch 10 Jahre davor (von der Hochzeit 1995 mit über 3.000 Stuten ganz zu schweigen).

Es geht doch gar nicht nur um das Gehalt des Zuchtleiters, das ist doch viel zu kurz gesprungen – es geht doch um so viel mehr (s.o.)! Die Landwirtschaftskammer stellt z.Zt. den Zuchtleiter des hannoverschen Ponyverbandes, die Zuchtleiterin der Alt-Oldenburger/Ostfriesen und die Zuchtleiterin der Kaltblüter – hier funktioniert die Zusammenarbeit zwischen den Verbänden und der Kammer bestens, diese Beispiele sind unserem Vorstand bekannt. Der Oldenburger Zuchtleiter wird, das hat der Oldenburger Verband klar geäußert, sich ausschließlich um die 11.000 Oldenburger Stuten kümmern, nicht um Ponys. Bei den Schafzüchtern gibt es wenige Überschneidungen der Rassen, so dass es sich hier um keine konkurrierenden, sondern sich ergänzende Verbände handelt.

Die vom Oldenburger Verband gewährten Großzügigkeiten hatten wir v.a. Egon Wichmann zu verdanken, der in beiden Vorständen (Oldenburg und Weser-Ems) vertreten war. Arbeitsspitzen werden nicht durch Oldenburger Mitarbeiter abgefedert, das ist eine falsche Darstellung. Wir greifen auf Oldenburger Kollegen zurück, z.B. in der Buchführung oder der Telefonzentrale, aber auch auf absolutes Fachpersonal bei der SLP oder Körung, wenn es ums Freispringen geht – dafür zahlt das Pferdestammbuch aber auch. Eine Fusion mit Oldenburg steht seitens des Oldenburger Verbandes nicht zur Debatte (s.o.).

Die Nähe zu einer Geschäftsstelle spielt in der heutigen Zeit keine Rolle (s. Trakehner Verband – bundesweiter Verband mit Geschäftsstelle in Schleswig-Holstein), auch bei uns findet die Kommunikation per Telefon,  Internet (e-mail) bzw. Post statt. Die allerwenigsten Mitglieder kommen in die Geschäftsstelle, um „normale“ Dinge zu klären. Im Moment haben wir auch eine kostspielige Geschäftsstelle zu unterhalten, die gibt es nicht umsonst! Arbeiten wir aber in einem Verband mit zwei Geschäftsstellen, können z.B. die Mitarbeiter synergetisch eingesetzt werden. Andere Verbände leben uns diese Konstellation vor (Brandenburg-Anhalt und Sachsen-Thüringen). Wie schon bei Lukas Fischer beschrieben, die Betreuung der Züchter vor Ort ist das oberste Ziel!, daran wird festgehalten – und es liegt an den Bezirksvorsitzenden, ihre Bezirke entsprechend zu vertreten. Die Fohlen- und Stutenschauen haben wir bereits zusammengelegt. Die, die wir jetzt haben, bleiben auch erhalten, da sie sich bewährt haben. An Bewährtem wird nicht gerüttelt!! Hier geht außerdem die klare Aufforderung an die Bezirksvorsitzenden, ihren Bezirk im neuen Verband vertreten!

Z.Zt. haben wir finanzielle Mittel (neben unserem Kapital der sehr engagierten und kundigen Mitarbeiterinnen), um erhobenen Hauptes in Verhandlungen treten zu können. Nehmen unsere Reserven, wie vor einigen Jahren, allerdings wieder ab, bzw. haben wir einem eventuellen Partner so gar nichts zu bieten, wird er sich auch nicht drauf einlassen, zu verhandeln, dann werden wir geschluckt. Im Moment habe wir beste Voraussetzungen vernünftig zu planen und zu diskutieren, da wir uns mit Hannover auf Augenhöhe befinden – diesen Zeitpunkt und diese Chance sollten wir nicht verstreichen lassen! Auch Kommentare, wie „aus zwei Kranken wird kein Gesunder“, sind hier völlig fehl am Platz - es handelt sich um zwei solide Verbände, die in ihren Strukturen ziemlich ähnlich sind. Mit dem zusätzlichen Reiz der Landwirtschaftskammer, den Zuchtleiter zur Verfügung zu stellen, sollten die Gespräche vernünftig weitergeführt werden – so schnell wird es eine solche Chance nicht wieder geben.  


*Leserbriefe geben die persönliche Meinung des Absenders, aber nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Sie können von der Redaktion gekürzt werden.